Die meisten von uns kennen es: Essen als Trost, wenn man traurig, wütend oder unruhig ist. Und dann greift man vor allem zu kalorienreichem Essen wie Keksen, Schokolade oder Chips. Eigentlich ist das vergleichbar mit früher, als man sich als Kind wehgetan hat und zur Beruhigung ein Bonbon bekam. Also belohnen wir uns nach einem anstrengenden Arbeitstag oder einem stressigen Tag mit den Kindern. So reden wir uns ein, dass Schokolade hilft, wenn man sich nicht gut fühlt.
Dennoch stellt die Wissenschaft das Phänomen emotionales Essen infrage. Anita Jansen, Professorin für Experimentelle Klinische Psychologie an der Universität Maastricht, bezeichnet es sogar als ein Märchen. Sie und ihre Kollegin Peggy Bongers haben nach einem halben Jahrhundert wissenschaftlicher Forschung kaum überzeugende Beweise dafür gefunden, dass das regelmäßige „Wegessen“ von Sorgen eine echte Störung ist. Sie stützen sich dabei auf 25 frühere Studien. „Es fühlt sich logisch an, aber wenn man es untersucht, zeigt sich, dass Menschen, die sich selbst als emotionale Esser bezeichnen, zum Beispiel auch zu viel essen, wenn sie sich gerade gut fühlen“, sagt Anita. „Und umgekehrt: In Laborexperimenten, in denen emotionale Esser durch einen traurigen Film oder eine traurige Erinnerung in Traurigkeit versetzt wurden, essen sie in der Regel nicht mehr“, erklärt Bongers.
Laut den Psychologinnen sieht es also so aus, als würden Menschen emotionales Essen im Nachhinein als Ausrede verwenden. Frühere Studien zeigten, dass Essanfälle nicht unbedingt aus Stimmungsschwankungen resultieren. „Emotionen können durchaus das Essverhalten auslösen, aber dass es nur passiert, wenn man sich schlecht fühlt, ist schwer aufrechtzuerhalten“, erklärt Bongers. Ahnungslosen Essern, die dennoch schwören, emotionale Esser zu sein, rät die Psychologin, ihr eigenes Essverhalten noch einmal kritischer zu hinterfragen. „Vielleicht haben sie das Gefühl, dass sie überessen, wenn sie sich schlecht fühlen, aber dokumentiere es doch einmal. Je bewusster du dich mit deinem Essverhalten auseinandersetzt, desto einfacher wird es auch, mögliche Probleme anzugehen.“
Hier ein paar Tipps, wenn du doch Lust auf Trostessen bekommst.
- Lenk dich ab.
Zwing dich dazu, etwas völlig anderes zu tun – etwas, das nicht deinen Geschmackssinn, sondern andere Sinne anspricht. Nimm ein Bad, mach einen Spaziergang, schalte Netflix ein oder lies ein Buch. Denn unangenehme Gefühle lassen sich auch mit anderen Dingen als Essen lindern. - Der Ich-muss-jetzt-essen-Moment.
Erstelle eine Liste mit Dingen, die du wirklich einmal tun möchtest. So kommst du aus dem „Ich-muss-JETZT-essen-Moment“ heraus und gewinnst wieder eine neue Perspektive. Das schreibt die amerikanische klinische Psychologin Susan Albers in ihrem Buch „50 Wege, sich selbst zu trösten – ganz ohne Essen“. Kauf dir ein schönes Notizbuch und schreib hinein, wonach du dich wirklich sehnst. Schau in diesen Momenten hinein, wenn du dich schlecht fühlst. - Sei gut zu dir selbst.
Wer gelernt hat, sich mit Essen zu trösten, wenn es mal nicht so läuft, wird dieses Verhalten nicht von heute auf morgen ablegen. Laut der oben genannten Professorin Anita Jansen kann es eine Weile dauern, bis man sich günstigere Gewohnheiten angeeignet hat.